Deprecated: Function create_function() is deprecated in /var/www/html/wp-content/plugins/google-analytics-dashboard/google-analytics-dashboard.php on line 50 Deprecated: Function create_function() is deprecated in /var/www/html/wp-includes/pomo/translations.php on line 208 Deprecated: Function get_magic_quotes_gpc() is deprecated in /var/www/html/wp-includes/load.php on line 643 Deprecated: Function create_function() is deprecated in /var/www/html/wp-includes/pomo/translations.php on line 208 Notice: Trying to access array offset on value of type bool in /var/www/html/wp-includes/theme.php on line 1556 Deprecated: Function get_magic_quotes_gpc() is deprecated in /var/www/html/wp-includes/formatting.php on line 4314 Deprecated: Function create_function() is deprecated in /var/www/html/wp-includes/pomo/translations.php on line 208 Notice: Die verwendete Konstruktor-Methode für WP_Widget in GADWidget ist seit Version 4.3.0 veraltet! Verwende stattdessen
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War ja ganz nett, dieser “Bürgertalk“ in der Brechtbühne, bei dem die Stadtoberen und der neue Intendant dem Publikum mal erklären konnten, wie das jetzt weitergehen soll mit Theatersanierung, Theateröffnung, Ausweichspielstätten, städtebaulicher Aufwertung des Theaterviertels und vielem mehr. Große Einigkeit im Publikum: Wir schaffen das. Ein bisschen naiv kam mir das alles vor, aber na gut…

Ich bin für die Sanierung, das mal vorneweg. Ich finde es auch gut, wenn man sich in der Stadtgesellschaft gegenseitig Mut macht, wenn’s um ein wagemutiges Projekt geht – anstatt immer nur mit „wenn“ und „falls“ und Angst und Sorge zu operieren. Aber mir war die Veranstaltung in der Brechtbühne zu viel Show. Ein Moderator (Slam-Guru Horst Thieme), der gleich mal eingangs von sich behauptete, er sei von diesem überaus waghalsigen „Experiment“, ein „neues Format“ für die Bürgerkommunikation auszuprobieren, sogar selber ganz „aufgeregt und nervös“ – und der dann davon zwei Stunden lang aber sowas von gar nichts spüren ließ – der weckte schon den Verdacht, dass es hier eher auf Schauspielerei ankam. Dann die Ankündigung, keiner dürfe mehr als „gefühlte“ 90 Sekunden lang reden. Das klang nach flottem Schlagabtausch, nach einer rasch gewechselten Vielzahl von Argumenten. Bloß: Die 90 Sekunden wurden (und zwar nicht „gefühlt“, sondern „in echt“) kein einziges Mal eingehalten und im Regelfall auf das Zehnfache ausgedehnt, ohne dass irgendein Moderator einschritt – einmal gab’s Protest aus dem Publikum, der aber wenig Wirkung zeigte. Statt knackigem Frage-Antwort-Spiel also das Übliche: Langwierige Erklärungen dessen, was man eh schon wusste, ahnte oder niemals zu erfahren begehrt hatte. Schade!

Mehr Operette, mehr Neue Musik, mehr Theaterpädagogik

Dass es ein eher konfliktfreier Abend zwischen Gleichgesinnten werden würde, war ja schon vor Beginn im Foyer klar gewesen: Eifriges shake-hands von lauter Theaterfreunden, Sanierungsbeteiligten, Politikern. Von den Sanierungsgegnern kaum einer außer jenem Frank Arnegger, der wie weiland auf dem Stadtmarkt, irgendwo in der Fußgängerzone oder eben vor der Brechtbühne sein Anti-Abriss-Schildle in die Höhe reckte, aber später auf dem Podium dann doch eine eher bescheidene Rolle spielte – darüber weiter unten. Dass der Abend so überaus friedlich wurde, war jedenfalls vor allem dem extrem handzahmen Publikum anzurechnen. Es fragte harmlos und war mit den harmlosesten Antworten zufrieden.

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Plakativ auffällig, argumentativ eher bescheiden: Anti-Sanierungs-Protestierer im Foyer der Brechtbühne.

Zumal ja auch eigentlich jeder bekam, was er wollte: Der Dame, die sich vehement für mehr Operetten einsetzte, aber bitte auf keinen Fall die Fledermaus oder die Lustige Witwe, versprach der designierte Intendant Andre Bücker – genau: Schon in der ersten Spielzeit eine Operette, aber nicht die Maus und auch nicht die Witwe. Dem Architekten, der zuerst mal die Architektenpläne für Sanierung und Neubauten lobte und sich dann mehr Neue Musik im Theater wünschte, versprach Bücker entschiedene Unterstützung ebensolcher Bestrebungen bei den engagierten Orchestermusikern und mindestens einmal pro Spielzeit Musiktheater eines noch lebenden Komponisten. Die kritische Forderung von mehr Theaterpädagogik konnte das Podium auf zweierlei Weise kontern: Kulturreferent Weitzel wusste, dass der Raum dafür in den Planungen schon vorgesehen sei, Bücker setzte einen drauf, indem er versicherte, es sei auch schon eine zweite Theaterpädagogik-Stelle geschaffen worden.

Auf konstruktivem Weg in eine gute Zukunft

Eifrige Stichwortgeber von allen Seiten bedrängten geradezu die Verantwortlichen. Ein Mitglied der Theaterfreunde fragte wissbegierig, wie man denn das Theater nun fit machen wolle für die nächste Generation, als ob darüber noch gar nichts bekannt geworden wäre. Sebastian Karner, Gastronom, Popveranstalter, Betreiber von Soho und Weißem Lamm gleich hinterm Theater, interessierte sich unbegreiflicherweise dafür, ob die umliegende Gastronomie ins neue Theaterkonzept eingebunden sei und wie das denn mit der Popkultur aussehe – beides, so die Antwort, sei selbstverständlich vorgesehen, werde selbstverständlich berücksichtigt und bestens integriert. Und Sebastian Seidel (Sensemble-Theater) freute sich, dass die Freie Theaterszene durch den vorbereitenden Meinungsbildungsprozess endlich zusammengefunden habe und nun „konstruktiv in die Zukunft“ sehe. „Auf einem guten Weg“ war auch noch einer der Sätze, die sehr gerne zur Anwendung kamen.

Jetzt manifest: die Pleite der Sanierungskritik

Die Pleite der Sanierungskritik manifestierte dann der schon erwähnte Frank Arnegger: Die Brechtbühne sei erst fünf Jahr alt, habe acht Millionen gekostet und solle nun abgerissen werden – ob das denn sein könne. Antwort Baureferent Merkle: Die Brechtbühne war schon immer „auf Zeit“ geplant, hat nur 5,5 Mio. gekostet, die Technik und die Bühne kommen mit ins Gaswerk. Arnegger: Warum gibt’s keine professionelle Kostenkontrolle? Merkle und Gribl: Die gibt’s, und zwar durch die IMP Projektbetreuung München. Und da hatte ein offensichtlich nicht so gut im Thema orientierter Sanierungsgegner dann auch schon sein ganzes Pulver verschossen. Wundert sich immer noch jemand, dass vor ein paar Wochen ein gewisses Bürgerbegehren gescheitert ist?

So viel positives Denken – kann das gut gehen?
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Herr, lass Geld regnen! Man darf davon ausgehen, dass OB Kurt Gribl zum Zeitpunkt der Veranstaltung schon wusste, dass die CSU-Mehrheit im Landtag am selben Abend die staatliche Übernahme (und damit Finanzierung) des Augsburger Theaters abgelehnt hatte. Parteifreund Bernd Kränzle hatte sich bei der Abstimmung mutig enthalten.

Denen auf dem Podium, vor allem aber dem Publikum schien es eigentlich in erster Linie darum zu gehen, diesen Sieg zu feiern und nun in die Vollen zu gehen. Ich freue mich ja auch über die Sanierung! Echt! Und auch ich freue mich über mehr Theaterpädagogik und viel Neue Musik (von mir aus auch gerne auf Kosten der Operette), ich freue mich über den Orchesterpavillon als „niederschwellige Erlebniswelt“ ebenso wie über die tollen Ideen, die der Workshop mit dem Bund der Architekten für das Theaterquartier entwickelt hat. Ich freue mich auch mit einer kritisch nachfragenden Dame, dass Baureferent Merkle zusagt, das „Grün im urbanen Raum“ werde im Entwicklungsplan fürs Theaterviertel berücksichtigt. Ich freue mich sogar, dass OB Gribl auf eine ebenso kritische Nachfrage zugibt, die Freilichtbühne sei bisher „nicht enthalten“ in den Zukunftsplänen, aber das ist ja glücklicherweise ganz einfach: „das muss man halt auch mal planen.“ Ich freue mich über so viel positives Denken! Echt!

Aber nach diesem über alle Maße optimistischen Abend scheint mir’s jetzt schon wieder an der Zeit, ein bisschen Angst zu kriegen. Wenn alle Beteiligten so ungebremst in grenzenlosen Fortschrittsglauben schliddern, wenn alle ach so kritischen Bürger wirklich alles für ganz einfach machbar halten – dann fehlt es an einer wirklich kritischen Opposition, die nachfragt, nachhakt, nachrechnet, nachdenkt. Falls es solche Leute gibt – von denen war am Mittwoch keiner in der Brechtbühne.

Titelbild: Er hat eine Schanklizenz, aber er will mehr – Szenegastronom Sebastian Karner im Bürgergespräch mit Theaterintendant André Bücker (Fotos: Frank Heindl).
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So viele Bekloppte und doch ein Riesen-Spaß https://auxkult.de/2016/12/04/oscar/ https://auxkult.de/2016/12/04/oscar/#respond Sun, 04 Dec 2016 17:05:05 +0000 https://auxkult.de/?p=2233 Continue reading "So viele Bekloppte und doch ein Riesen-Spaß"]]> Brechtbühne: „Oscar“ lässt die Trikolore im Spießertum untergehen

Der Rahmen der Bühne wirbt in den Trikolore-Farben für Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit – und solche Werbung scheint ja derzeit weltweit durchaus am Platze. Aber hier ist sie’s nicht und muss deshalb bald weichen: Denn das pathetische Rot-Weiß-Blau rahmt auf den Brettern der Brechtbühne ein Bild, in dem Claude Magniers „Oscar“ die Tugend zur Farce macht, das Leben zur Klamotte, in dem von den hehren Idealen nur der Trümmerhaufen bürgerlich-kleinfamiliärer Schadensbegrenzung bleibt.  

Den Plot dieser völlig abstrusen, unwahrscheinlichen und unglaubwürdigen Komödie kann man nicht, darf man nicht und muss man nicht erklären – in dem gewaltigen Screwball-Durcheinander verliert spätestens im zweiten Akt nicht nur das Bühnenpersonal, sondern auch das Publikum den Überblick. Wer nun noch weiß, in welchem der Koffer Millionen Francs, in welchem wertvoller Schmuck und in welchem Dessous versteckt sind, der kann sich erfolgreich als Hütchenspieler selbständig machen.

Die Marseillaise als Soundtrack des Autoritätsverfalls

Regisseur Alexander Marusch hat dieses Chaos als fröhlich-überdrehtes Ballett in Szene gesetzt: Immer schneller werden die Runden, in denen sich die Protagonisten der zunehmend sich verwirrenden Geschichte umeinander hetzen, und bevor am Ende alles gut werden darf, spielt die Musik lustig das „Allons enfant“ jener Hymne an, die einst die Geschichte der Demokratie mitbegründete – die Marseillaise als Soundtrack des bürgerlichen Verfalls. Mittelpunkt des Reigens ist Monsieur Barnier, den die Ausstattung (Gregor Sturm) mittels wehenden Morgenmantels zuerst zum absoluten Herrscher ausstaffiert, damit ihn die Regie anschließend heftig schrumpfen lassen kann. Zwischen rasend trotteliger Tochter (fast zu doof: Marlene Hoffmann), standesgemäß eingebildeter Ehefrau (auch doof und dazu noch laut: Ute Fiedler), gewitztem Stubenmädchen (dauerfrech: Jessica Higgins) und betrügerisch-intrigantem Angestellten (flott und glatt: Raimund Widra) kann dieser Möchtegern-Patriarch (Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung: Klaus Müller) erst spät wieder die Oberhand behaupten – in Wahrheit steuern ihn die Ereignisse und er rein gar nichts, nicht mal seine eigene Firma.

Die Weisheit verbirgt sich in der Wohnzimmer-Deko
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Überdrehtes Ballett der bürgerlichen Familie – von links nach rechts Marlene Hoffmann, Sebastián Arranz, Raimund Widra, Klaus Müller und Ute Fiedler.

Was lernt man in diesen zwei Stunden Brechtbühne? – Dass französische Stubenmädchen, egal welchen Alters, permanent rauchen wie die Schlote (ebenfalls qualmend und trotzdem sehr weiblich: Anton Koelbl als Charlotte); dass ein französischer Akzent ausreicht, um einer deutschsprachigen Inszenierung Pariser Flair zu verpassen, selbst wenn dann vom Furzen die Rede ist; dass Treppen ohne Stufen zu allerlei lachhaften Einfällen reizen; dass frau mit Krinoline nicht durch jede Tür passt; dass man Pudel leicht mit Staubmobs verwechseln kann; dass das Theater Augsburg über ein herrlich hochkomödiantisches Ensemble verfügt; und dass man „liberté, égalité, fraternité“ auch mit „Arbeit, Familie, Vaterland“ übersetzen kann. „Le jour de Gloire est arrivé“ – der Tag des Sieges kann statt revolutionärer Befreiung am Ende auch einfach bedeuten, dass ein trotteliges Trampel doch noch einen Ehemann gefunden hat und auch alle anderen Beteiligten irgendwie zufriedengestellt sind. Die ideologischen Werbeslogans sind zum weltgeschichtlich ewig Gleichen zusammengeschnurrt und vom tatsächlich Dauerhaften wissen höchstens die Terrakotta-Krieger in der Wohnzimmer-Deko. Aber die behalten ihre Weisheit glücklicherweise für sich.

Achso, ja, hm… – warum heißt das Ganze eigentlich „Oscar“? Möglicherweise, weil der gleichnamige Chauffeur (noch ein Doofer: Sebastián Arranz) am Schluss die trampelige Tochter und einen fetten Koffer abkriegt – den geistig Armen sei das Himmelreich oder, um den Masseur (ja, noch ein Bekloppter: David Dumas) nicht zu vergessen: das Irrenhaus. Kurz zusammengefasst: Im ersten Teil zwischenzeitlich die Befürchtung, das könnte vielleicht allzu viel des Quatsches sein – nach der Pause dann durch noch mehr Quatsch zur Erkenntnis. Und am Ende zu Recht: brausender Applaus.

Titelbild: Möchtegern-Patriarch Barnier (Klaus Müller) mit tumber Tochter (links Marlene Hoffmann) und nicht sehr heller Gemahlin (Ute Fiedler) – und der Terrakotta-Krieger schweigt dazu. Beide Fotos: Kai Wido Meyer.
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Tief berührend: „Weiße Rose“ in der Brechtbühne https://auxkult.de/2016/11/03/tief-beruehrend-weisse-rose-in-der-brechtbuehne/ https://auxkult.de/2016/11/03/tief-beruehrend-weisse-rose-in-der-brechtbuehne/#respond Thu, 03 Nov 2016 21:57:54 +0000 https://auxkult.de/?p=1963 Continue reading "Tief berührend: „Weiße Rose“ in der Brechtbühne"]]>  Udo Zimmermanns Oper in einer starken Inszenierung
Von Frank Heindl

 Sie waren noch sehr jung, als sie sterben mussten. Sophie und Hans Scholl, sie 21, er 24 Jahre alt, Ikonen des Widerstands gegen Hitler, das „Dritte Reich“, den Krieg der Deutschen gegen den Rest der Welt, mussten für ein paar tausend Flugblätter gegen die Nazis mit dem Leben zahlen – vier Tage nach ihrer Verhaftung und der „Verhandlung“ vor Roland Freislers „Volksgerichtshof“ starben sie unter der Guillotine. Nicht ihr Leben, sondern ihre letzte Stunde vor der Hinrichtung nimmt sich Udo Zimmermanns Oper „Weiße Rose“ als Handlungszeit. Ich habe die Premiere versäumt und das Stück erst jetzt gesehen.

Wie kann man das Enden zweier so radikal kurzer Leben, eine Entwicklung so schnell zum Tod hin, ein beispielgebend kompromissloses Auflehnen gegen die unbezwingbare Macht der Verhältnisse, wie kann man weltanschaulich-religiösen Hintergrund und individuell-menschliches Gefühl in 70 Minuten Musik und wenig Text fassen? Zimmermann gelingt das auf zweierlei Weise: Zum Einen weitet er in seinem Libretto die letzte Lebensstunde in eine Zusammenfassung aus Erinnerungen und letzten Gedanken, aus imaginierten, gewünschten, ersehnten Gesprächen, die nicht mehr stattgefunden haben, zum Anderen bündelt er in der Gegensätzlichkeit der aggressiv-lyrischen Wucht seiner Musik die Brutalität von Macht und Terror, von Trauer, Angst und Sehnsucht seiner beiden Protagonisten. Seollyeon Konwitschnys Inszenierung steuert als Verständnishilfe den Gegenpart zu den beiden einsamen Geschwistern bei: Sie bringt einen stummen Statistenchor auf die Bühne, der nicht nur die anonyme Masse des „Volkes“ darstellt, sondern auch dessen ignorantes Schweigen, dessen Beharren auf Alltag und Normalität, dessen Weigerung, die brutale Realität und die Aktionen der Geschwister auch nur wahrzunehmen – geschweige denn, Konsequenzen zu ziehen.

Für die Aktualisierung sorgt das passive Volk

Mit diesem von der Regisseurin hinzugefügten Gegeneinander gelingt unaufdringlich eine starke, an die Nieren gehende Aktualisierung des Stoffs. Denn dieses gleichgültige, manipulierbare, desinteressierte Volk ist überzeitlich, das gibt es immer noch, und es besteht nicht nur aus denen, die sich nicht schämen, sich brüllend als „das Volk“ darzustellen – es besteht auch aus all denen, die ihre moralischen Grundsätze lieber für sich behalten, als für sie einzustehen.

.... doch das Volk ignoriert nicht nur die Realität, sondern auch die Flugblätter der Scholls (Foto: A.T. Schaefer).
Das Morden rings um Sophie und Hans Scholl hat begonnen (Foto oben mit Samantha Gaul und Giulio Alvise Caselli), doch das Volk ignoriert nicht nur die Realität, sondern auch die Flugblätter der Scholls (Fotos: A.T. Schaefer).

 

Samantha Gaul und Giulio Alvise Caselli spielen und singen das seinem Tod mal verzweifelt, mal tief religiös entgegengehende Geschwisterpaar eindringlich und unaufdringlich – keine vordergründige Botschaft stört das Publikum beim Mit-Erleiden eines grauenhaften Schicksals. Wer, zum Beispiel bei Peter Weiss, gelesen hat, wie die Verurteilten des 17. Juni noch einmal gedemütigt wurden mit der Hinrichtung durch den Strang, der kann – ein wenig, nur ein wenig! – fühlen, welche grässliche Angst in der fürchterlichen Frage der Geschwister gesteckt haben mag, welche Todesart man ihnen bestimmt habe. Zimmermanns Musik gleitet in solchen und anderen Momenten von brutaler – und brutal atonaler – Marschmusik in lyrische Kantinelen hinüber und wieder zurück, macht also immer wieder den Gegensatz deutlich zwischen dem, was war, und dem, was hätte sein können, was sich das todgeweihte Paar noch hätte wünschen, erträumen können vom Leben.

Und die Musik relativiert auch den vom Libretto fast ein wenig aufdringlich aufgezeigten Weg der religiösen Hingabe als „Lösung“ für die Geschwister. Tief berührend, wie Sänger und Sängerin, begleitet von chromatisch nach oben sich steigernder Musik, langsam die Treppen der Brechtbühne nach oben gehen – und wie Samantha Gaul als Sophie, während Hans vom Tod zu singen beginnt, zaghaft und entsetzt den Weg zurück nach unten einschlägt, trotz aller Gläubigkeit „zu Tode erschrocken“ und nicht zum Tode bereit.

„Weiße Rose“ wird noch gespielt am 13. November (19 Uhr, Einführung 30 Minuten eher), sowie am 8. Januar. (15 Uhr) und am 20. Januar (19.30 Uhr).

 

 

 

 

 

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Brechtbühne: Labertheater https://auxkult.de/2016/10/28/labertheater/ https://auxkult.de/2016/10/28/labertheater/#respond Fri, 28 Oct 2016 09:45:53 +0000 https://auxkult.de/?p=1868 Continue reading "Brechtbühne: Labertheater"]]> „Das Große Wundenlecken“ in der Brechtbühne erstickt an sich selbst

Von Frank Heindl

Ein bisschen korrespondiert Gerasimos Bekas‘ großes Wundenlecken in der Brechtbühne mit „If dogs run free“ im Hoffmannkeller: Viel Gerede, viele Phrasen, viel Sarkasmus – aber zu wenig Zusammenhang und Sinn. Und auch: zu wenig Theater.

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Anbetung des griechischen Erbes: Sebastián Arranz (hinten), Marlene Hoffmann (links), Jessica Higgins (rechts) und Anton Koelbl (vorn) beim philosophisch angehauchten „Marmor-Yoga“ (Foto: Kai Wido Meyer).

 

Jessica Higgins, Marlene Hoffmann und Anton Koelbl tun beim „Wundenlecken“ ihr Bestes, um sich von Guru Sebastián Arranz ausnehmen, schikanieren und belabern zu lassen. Doch am Schluss muss der Möchtegern-Weise, der Großkotz-Yogalehrer aus Argentinien, der sich eine griechisch-philosophische Herkunft erfunden hat, beim verschärften Waterboarding erfahren, dass europäische Werte sich heute mehr an den USA orientieren. Dazwischen aber passieren vor allem Worte, Sätze, Gedanken, die theatral zu illustrieren sich die Inszenierung von Sapir Heller schwer tut. Und die zu illustrieren sich auch nicht unbedingt gelohnt hätte. Für eine Satire ist der Text zu banal: „Zweifelt nicht, seid gleichgültig“ – „Seien wir realistisch: ertragen wir alles Mögliche“ – „Wo Gleichheit nicht bestehen kann, ist Gleichgültigkeit die Lösung“ – oder einfach „Oans – zwoa – wurscht“ und darauf ein kräftiges „Yogaholladirüh“ – das sind schon witzige Bosheiten gegen Yogahype, Meditationsmode und Esoterik-Weltflucht. Aber dass es beim Meditieren dann doch meistens ums Geldverdienen geht, haben in Augsburg schon 1997 Herr und Frau Braun in ihrem – von mir damals in der AZ nicht unbedingt positiv besprochenen – Bühnenprogramm „GlobalLokalBrudal“ auf den einen oder anderen Punkt gebracht.

Das wussten wir doch alles schon…

Auch dass deutsche Kriegsverbrecher von der deutschen Justiz nichts zu befürchten hatten, weiß mittlerweile jeder, und „Ich habe einen Großvater, der mal in Griechenland war – 1941“ ist ein eher schaler Witz über die „gemeinsame“ Vergangenheit von Deutsch- und Griechenland. Dass Augsburg schon 1933 ein Hort des Antifaschismus war und bis heute geblieben ist, haben wir geahnt, seit wir wussten, dass die Deutschen eh nie von irgendwas gewusst haben – und das wiederum wissen wir seit 1945. Noch ein paar Schlager mit Griechenland-Parfum von Udo Jürgens bis Mireille Mathieu, dann ist der Abend verlabert und Yoga-Janis erstickt vor allem an seinem eigenen Geschwätz.

 

Die nächsten Vorstellungen von „Das große Wundenlecken“ in der Brechtbühne am 6. (19.00 Uhr) und 11. November (19.30 Uhr), weitere im Spielplan.

 

 

 

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