Im Kunstverein: Saul Fletchers „Trauma”

Er ist Brite, lebt aber in Berlin. Saul Fletcher, Jahrgang 1967, stellt im Kunstverein Augsburg unter dem Titel „Trauma“ mehrere Werkgruppen vor: Selbstporträts, Landschaftsfotografien und einige Bilder und Skulpturen.

Das Besondere an Fletcher: Viele seiner Werke sind nur auf Fotografien zu sehen. Er bemalt eine Wand und fotografiert sich selbst oder ein Model vor diesem Hintergrund. Das Ergebnis eines solchen Schaffensprozesses, der ihn oft ein ganzes Jahr lang beschäftigt, ist dann ein Foto – zumeist sehr klein, manchmal kleiner als das (großformatige) Negativ, das dem Abzug zugrunde liegt. Zehn bis 20 Bilder entstehen so pro Jahr. Er möge keine großen Bilder, berichtet er wortkarg im Künstlergespräch anlässlich der Vernissage.

Gespenstische Selbstportraits

Eines seiner Fotos zeigt, beispielsweise, eine Wand, die mit zwei christlichen Kreuzen bemalt ist – ringsum sind sie von blutroten Farbflächen und -spritzern umgeben, aber auch von kleinen Herzchen, auf einer Art Regal unterhalb dieses Arrangements liegt eine nackte Frau. Eine andere Fotografie zeigt neun Portraits, skizziert auf gewelltem Papier, das mit Klebestreifen an die Wand gepinnt wurde – drei Werk-Ebenen also: die Zeichung, die Wand dahinter, das Foto davon. Seine Selbstpotraits: gespenstische Darstellungen vor dunklen Hintergründen, beinahe an Still-Fotos von Horrorfilmen erinnernd. Von diesen Werken muss der Ausstellungstitel „Trauma“ abgeleitet sein.

Und auch Fletchers Waldfotografien sind finster, auch die farbig reproduzierten gering belichtet, dunkel. Alle sind menschenleer und würden schon aufgrund der übergroßen Einsamkeit, die sie ausdrücken, gut in die am Freitagabend eröffnete „Not Here Yet“-Ausstellung im H2 passen.

Ganz anders die plastischen Werke, die die Ausstellung zeigt: Flags, rohe Holzleisten, die von buntem Garn zusammengehalten und überspannt werden, macht einen durchaus heiteren Eindruck. Und Cock Sucker Blues ist eine Art Schreibtisch, aus Holzresten zusammengenagelt, mit Kram und Fläschchen vollgestellt – eine ironische Arbeit ohne jeden „Trauma“-Ernst.

Das Foto zeigt eine Teilansicht von „Flags“ von Saul Fletcher, ausgestellt im Kunstverein Augsburg (Foto: Frank Heindl).

Kunstverein, Vorderer Lech 20
Tel. 0151-15714978
info@kunstverein-augsburg.de

Führungen:
Samstag, 10. Dezember 2016, 15 Uhr
Mittwoch, 11. Januar 2017, 19 Uhr
Öffnungszeiten:
Di-So 11-17 Uhr, Mi 11-20 Uhr