Diana Damrau und Ballettgala: Das Theater reagiert auf die vielen Ausfälle

Mit dem Martinipark wird’s fürs Stadttheater nichts mehr in dieser Spielzeit. Aber die bald heimatlosen Schauspieler, Tänzer, Techniker wollen arbeiten, sich zeigen – man kann ja nicht sang- und klanglos zumachen.  Also wurde umgedacht am Kennedyplatz – das Stadttheater bietet zum Ende der Intendanz von Juliane Votteler zwei Highlight an, die beim Publikum, das lässt sich problemlos voraussagen, großen Zuspruch finden werden.

Eine große zeitgenössische Oper – das hatte sich Juliane Votteler zum Schluss noch gewünscht. Wie vieler ihrer Wünsche hat sich auch dieser in Luft aufgelöst: Hans Thomallas Oper „Kaspar Hauser“, im vergangenen Jahr in Freiburg uraufgeführt, war für den Martinipark geplant und kann nun nur konzertant gezeigt werden. Regisseur Frank Hilbrich wird trotzdem kommen und versuchen, bei der Aufführung im Textilmuseum (Premiere: 23. April) „etwas von der Sinnlichkeit der geplanten Inszenierung zu vermitteln“ – so Votteler. Auch das Lustspiel „Pension Schöller“ ist vom Martini-Fiasko betroffen. Es wird im Juli „irgendwie“ auf die Bühne kommen – „wie sich’s nennt und wie es aussieht, weiß man noch nicht“,  kündigt die Intendantin etwas sarkastisch an.

Zu tun ist bis dahin noch einiges: Die Proben und die Vorbereitungen sind in vollem Gange für Goethes „Faust“ (Premiere am 4. Februar in der Brechtbühne), für Verdis „Otello“ (vom 19. Februar an im Kongress am Park), und für das Ballett „Carmen Bolero“ (ab 7. April im Kongress am Park). Trotzdem will man die vielen Ausfälle am Theater kompensieren, so gut es geht. Daher ist ein zunächst abgesagter Publikumsmagnet nun wieder aktiviert worden: die Ballettgala. Robert Conns Arbeit und die seiner Compagnie genießen in Augsburg höchstes Renommee. Den „Nussknacker“, so Votteler, „könnten wir noch zehn oder zwanzig Mal spielen, wenn wir die Schwabenhalle zur Verfügung hätten.“ Mit Blick auf die Kondition seiner Tänzer schüttelt Conn da beunruhigt den Kopf, er hat ja auch noch „Carmen Bolero“ vor sich. Trotzdem aber steckt er auch schon tief in den Vorbereitungen „seiner“ Gala.

Internationale Großstars auf der Gästeliste

Sie wird ein Abschied sein – Conn hat zehn Jahre in Augsburg verbracht, mit dem Intendantenwechsel zum Saisonende ist seine Zeit vorüber. Er wird sich und seine Leute nun noch einmal feiern – mit großem Aufgebot: Neben der eigenen Compagnie (sie wird natürlich Ausschnitte ihrer aktuellen Produktionen zeigen) sind internationale Großstars eingeladen. Wer am Ende wirklich kommt, ist noch „im Luft“, wie der Amerikaner gewohnt enthusiastisch in seinem fröhlich-lückenhaften Deutsch verkündet.

Noch nicht ganz aus dem Rennen ist das New Yorker American Ballett Theatre – eine der renommiertesten Ballettcompagnien der Welt mit entsprechend dichtem Terminplan. Gut stehen die Chancen für die Teilnahme von Tänzern des National Ballett of Canada. Ebenso rechnet Conn mit der Teilnahme von Tänzern aus Stuttgart – das Ballett aus Baden-Württemberg zählt ebenfalls zu den weltweit führenden Compagnien. Auch ein Teilnahme Nürnberger Tänzer scheint wahrscheinlich. Und eventuell kommen auch Tänzer des Moskauer Bolschoi Theaters. Das Problem bei Einladungen nach Russland: Sie benötigen den zeitraubenden Umweg über die Politik. Bei allem Eifer gibt sich Conn nur vorsichtig optimistisch: Er freue sich ja schon, wenn wenigstens ein paar der Eingeladenen zusagen würden, ein Drei-Stunden-Programm werde man auf jeden Fall zusammenstellen. Conn und seine Compagnie, so viel steht fest, profitieren ungewollt von der Martini-Park-Misere: Eine Ballettgala zusätzlich zum vollen Programm hätte das Theater unmöglich auf die Beine stellen können.

Probleme mit den Abonnenten

Finanziell ist das Ganze eine Belastung, die das Theater aber halbwegs im Griff zu haben scheint: Der Wegfall anderer Veranstaltungen macht Mittel frei – Mieten, Bühnenbauten etc. fallen ja weg – es fehlen aber auch die Einnahmen aus diesen Projekten. Die Theaterfreunde unterstützen die Gala mit einer „erheblichen Finanzspritze“ (Juliane Votteler) und auch mit persönlichem Einsatz: Sie werden im Rahmen von „Fahrpartnerschaften“ die Gasttänzer chauffieren. Doch der Einsatz von Start und Sternen ist auch eine Reaktion auf den schleichenden Image- und Vertrauensverlust, den das Stadttheater zu verzeichnen hat: Mehr als 600 Abonnenten haben bisher gekündigt – viele, wie Votteler erzählt, mit verständnisvollen Abschiedsbriefen, etliche wohl aber auch aus Frust über ungeklärte Spielstätten, neue, weitere und komplizierte Anfahrtswege und wiederholte Spielplanänderungen.

Diana Damrau kommt mit Nicolas Testé

Doch die Ballettgala ist nur einer von zwei „Sternen, die die große Lücke überstrahlen sollen“, so die Intendantin. Das zweite Highlight ist vor allem eines für die Opernfans: Diana Damrau kommt zu einem Benefizkonzert. Zwar erst am 9. Juli, aber die Tickets zu Preisenzwischen 45 und 95 Euro werden schnell weg sein. „Für Damrau sind das humane Preise“, betont Georg Heckel, Leiter des Augsburger Musiktheaters, und schwärmt sozusagen im höchsten Sopran: „Der Topstar unter den Koloratur-Sop­ra­ni­stin­nen“ komme nach Augsburg – und das, obwohl die Damrau auf der ganzen Welt „gefragt und überbucht“ sei. Kleiner Wermutstropfen für die Augsburger Philharmoniker: Die Probenzeit ist kurz, daher bringt die Sängerin einen Dirigenten mit: Nicht Domonkos Héja wird am Pult stehen, sondern Pavel Baleff, derzeit Chefdirigent der Philharmonie Baden-Baden. Heja sei darüber nicht böse, beteuert Heckel: „Er freut sich und ist mit beim Konzert.“ Das Programm des Abends steht auch schon fest: Es wird französisch-italienisch sein, die Damrau singt Verdi, Meyerbeer, Bellini zusammen mit ihrem Mann, dem Bassbariton Nicolas Testé. Der Erlös des Konzerts geht an die „Eva Luise und Horst Köhler Stiftung“ des Ex-Bundespräsidenten, die sich um Erforschung und Behandlung seltener Krankheiten bemüht, Schirmherr der Veranstaltung ist OB Kurt Gribl.

Zwei „Sterne“ also, die den momentanen und unverschuldeten Durchhänger des Stadttheaters ein bisschen überstrahlen sollen. Stars für Juliane Votteler letzte Spielzeit – die sich aber mit einem anderen, „selbstgemachten“ Projekt verabschieden will: „In Gottes Namen“ findet am 23. – 25. Mai statt. Das Drumherum ist noch geheim.

Ballettgala: Samstag, 27. Mai, abends und Sonntag, 28. Mai, nachmittags (wohl um 14.30 Uhr), die exakten Daten werden sobald als möglich bekanntgegeben. Der Vorverkauf läuft derzeit für Abonnenten, ab 25. Februar für alle.
Benefizkonzert Diana Damrau: Vorverkauf ab 18. Februar, 10 Uhr.

Foto (Frank Heindl): Da schien noch die Sonne aufs Augsburger Theater – derzeit braucht man Stars und Sterne, um die finsteren Zeiten aufzuhellen.